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Brexit UK – eine persönliche Sicht

david-larg-1von David Caro, Senator im Europäischen Senat der Wir Eigentümerunternehmer, Präsident der European Small Business Alliance – ESBA (Brüssel), Gründer und Inhaber von Qualplast Ltd., Birmingham/UK

Das Vereinigte Königreich (United Kingdom=Großbritannien + Nordirland) wird am 23. Juni ein Referendum über seine Mitgliedschaft in der EU abhalten.

Wichtig zu wissen über das Referendum: es wurde ursprünglich nicht vom britischen Volk gefordert. Die Entscheidung, die Bürger über den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union zu befragen, ist die Folge eines Grabenkrieges innerhalb der regierenden Konservativen, der die Partei zu spalten drohte. Erst der dann folgende Medienhype hat das Interesse der Bürger und die Spaltung der Gesellschaft angetrieben. Es ist enttäuschend zu sehen, dass interne Parteipolitik als wichtiger angesehen wird als das Risiko für unsere Volkswirtschaft!

EINE ARMLÄNGE ABSTAND ZU EUROPA
Über die Jahre, seitdem das Vereinigte Königreich 1973 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), wie sie damals hieß, beigetreten ist, hat es stets einen allgemeinen Widerwillen der Regierungen gegeben, sich uneingeschränkt in der Gemeinschaft zu engagieren – es wurde also quasi eine Beziehung mit einer Armlänge Abstand, die den Eindruck erweckte, als seien wir etwas verwirrt darüber, wie die Dinge in einer Gruppierung von einer Art laufen, an der wir noch nie beteiligt waren. Andere Länder hatten schon Erfahrung darin, wie man so zusammenarbeitet, z.B. die Benelux-Staaten und Skandinavien und zu einem geringeren Grad föderal aufgebaute Länder wie Deutschland. Das Vereinigte Königreich dagegen sieht traditionell global auf den Commonwealth und eher misstrauisch auf seine Nachbarn vom europäischen Kontinent. Es hat dabei wenig moderne Erfahrung darin, enge Beziehungen mit anderen zu formen und wenig Verständnis für die Notwendigkeit mit anderen zusammenzuarbeiten, um einen Konsens zu erreichen. Deshalb und den Regierungen folgend (und wegen der 20 Meilen Trennung durch das Meer) sind die Briten sehr „insular“ geworden. Der einzige Kontakt mit Europa besteht für viele in zwei Wochen, die jedes Jahr an den spanischen Costas verbracht werden und in den EU-Bürgern, die sich im Vereinigten Königreich niedergelassen haben und dort arbeiten (viele davon aus nur drei Länder: Polen, Rumänien und Bulgarien).

SCHWARZMALER ÜBERALL
Jetzt werden – angetrieben durch EU-skeptische Medien, die in der Hauptsache einem Australier gehören, der in den USA lebt und aus welchem Grund auch immer die EU nicht mag – von jeder der beiden Seiten, Befürwortern und Gegnern, immer größere Behauptungen aufgestellt. Keiner von ihnen lügt, aber sie nehmen Botschaften aus dem Kontext , die zu ihrem eigenen Standpunkt passen oder malen ein immer größer werdendes Verhängnis an die Wand, das uns erwarte, sollten wir in der EU bleiben oder sie verlassen. Ein Journalist kommentierte kürzlich, dass er jeden Morgen mit der Sorge aufwache, über welches Desaster heute informiert zu werden, das uns ereilen werde, sollten wir dafür stimmen zu bleiben oder dafür stimmen zu gehen.

Auch scheint es eine wachsende Wut auf Mr. Cameron darüber zu geben, dass er mit übertriebener Panikmache versuche, die Bürger von den drohenden negativen Konsequenzen eines „leave votes“ zu überzeugen. Das könnte sich kontraproduktiv auswirken. Es scheint, dass dies die „exit voters“ stärker motiviert am Wahltag zur Abstimmung zu gehen als die Vertreter der „Bleiben“ Seite – eine wirkliche Herausforderung, dies bis zum 23. Juni zu überwinden.

TOTALER MANGEL AN VERSTÄNDNIS
Meine größte Enttäuschung ist bisher der totale Mangel an Verständnis der Briten darüber gewesen, wie die EU funktioniert und die augenscheinliche nicht vorhandene Bereitschaft beider Seiten dies anzusprechen. Es ist verständlich, dass die „out“-Gruppe das nicht tut, aber wo sind die einfachen Erläuterungen der Unterstützer für den Verbleib? In TV-Interviews mit Bürgern im ganzen Land hört man als einen der häufigsten Kommentare „Wir wollen nicht von einer nicht-gewählten Bürokratie erzählt bekommen, was wir zu tun haben“ – und das zwei Jahre nachdem die gleichen Leute MdEPs gewählt haben, die sie im Europäischen Parlament vertreten. Wie schnell die Menschen vergessen!

Noch bemerkenswerter: Die Menschen scheinen nicht zu verstehen, dass nicht die EU-Kommission die Gesetze verabschiedet. Die Gesetze werden durch das direkt gewählte Europäische Parlament und den Europäischen Rat verabschiedet, der aus den Regierungschefs der Mitgliedsstaaten besteht. Die Kommission schlägt nur Gesetze bzw. Richtlinien vor, und das oft auf Verlangen einer der gerade genannten Institutionen.

BRÜSSEL DOCH NICHT AN ALLEM SCHULD
Die Einwanderungskrise, die ganz Europa betrifft, hat eine große Bedeutung für den Ausgang der Abstimmung. Jede neue Nachrichtengeschichte über Immigration scheint mehr Leute auf die „out“-Seite zu bringen. Es scheint, dass die Menschen nicht verstehen, dass es keinen Unterschied für die illegale Immigration macht, ob das Vereinigte Königreich in der EU ist oder nicht, denn wir kontrollieren unsere eigenen Grenzen, da wir nicht Teil des Schengen-Abkommens sind. Aber das ist das Kernargument, das die „out“-Leute mit einigem Erfolg benutzen.

Es scheint auch eine Kopf-in-den-Sand-Haltung über die Konsequenzen eines Austritts zu geben, und dass der Handel einfach so weiterläuft während die Niederlassungsfreiheit durch ein Punktesystem ersetzt wird, ähnlich wie Australien es hat und dass die EU das einfach so akzeptieren werde! Die üblichen Geschichten von Jobs, die an ausländische Arbeitnehmer verlorengehen, berücksichtigen nicht, dass sich die Einwanderung nach UK nahezu gleich verteilt auf EU- Bürger und Nicht-EU-Bürger und dass die britische Regierung für die Kontrolle der Nicht-EU-Immigration verantwortlich ist. Dieses Faktum geht irgendwie durch den Drang verloren, Brüssel die Schuld für alles Schlechte zu geben, eine Taktik, die alle Regierungen gerne und oft in der Vergangenheit genutzt haben, um die öffentliche Meinung von ihren eigenen Fehlern abzulenken.

Von den Austrittsbefürwortern wird auch argumentiert, dass uns der bevorzugte Zugang zum EU-Binnenmarkt, der gemeinhin als etwas Gutes angesehen wird, weiterhin erlaubt sein wird, da wir ein so großer Abnehmer für Güter aus der EU seien, und die EU diesen Markt nicht verlieren wolle, indem sie bei einem Exit zu viele Restriktionen einführt.

UMFRAGEN UND BUCHMACHER
In einer Umfrage, kürzlich gehalten von einer britischen Verband für kleine und mittlere Unternehmen, wollten 47% der Antwortenden in der EU bleiben und 42% austreten, aber der bemerkenswerteste Kommentar war, dass es für die Unternehmer keine vertrauenswürdige und unabhängige Informationsquelle gebe, um sich über die Fakten und Implikationen für ihr Geschäft oder das Land zu informieren, sollte UK nun in der EU bleiben oder austreten. Ein anderes interessantes Ergebnis war die Antwort, dass, sollte UK austreten, die EU nur Nummer 4 auf der Liste der Gebiete sein sollte, mit denen UK dann Handel treiben sollte, hinter den USA.

Die letzten Umfrageergebnisse – mit Gegnern und Befürwortern gleichauf über 40% und 13% Unentschlossene – zeigt an, wie knapp das Ergebnis werden könnte und dass es viele Menschen gibt, die damit kämpfen, die Fragen und Implikationen all der gegensätzlichen Argumente zu verstehen.

Das Referendum könnte durch eine negative Einwanderungsgeschichte in den letzten Tagen vor der Abstimmung entschieden werden. Wenn wir uns die Trends in den Wetten bei den britischen Buchmachern ansehen, dann gibt es einen starken Trend hin zum „Bleiben“ – zwar kein wissenschaftliches Maß, hat sich aber als recht akkurat in der Vergangenheit erwiesen und könnte eine große Ermutigung für die Befürworter der EU sein.

DIE EU MUSS LEHREN ZIEHEN
Was immer auch hier im Vereinigten Königreich passiert, die Menschen in Europa haben bei den Europawahlen 2014 die EU-Institutionen aufgefordert sich zu verändern und sie müssen sehen können, dass dies tatsächlich passiert – in anderen Worten, die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten müssen wieder eine Verbindung mit ihren Bürgern herstellen. Anträge, die nicht die Harmonisierung beeinträchtigen, müssen wieder an die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten zurückgegeben werden. Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht Teil der EU ist, ist seine Anerkennung eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft in ihr, haben viele Staaten und Menschen das Gefühl, dass die Gesetzgebung im Bereich der Menschenrechte die Rechte des Einzelnen vor das Recht der Menschen setzt, sich sicher und geschützt zu fühlen, besonders vor dem Hintergrund der konstanten Terrorismusbedrohung. Die Bürger sollten sehen können, dass EU und Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten und sich mit diesen Problemen befassen, die die Bürger nicht nur im Vereinigten Königreich, sondern überall in der EU tief bewegen.

Zwei Wochen verbleiben noch, in denen alles passieren kann – und angesichts der bisherigen Ereignisse wahrscheinlich auch wird!

Juni 2016

David Caro

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